Meine Rede vom 11.06.2021 zu Protokoll
Sehr geehrter Herr Präsident/Frau Präsidentin
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
dieses Paket an Verordnungen, das wir heute beschließen, hat unter dem Oberbegriff Mantelverordnung eine lange Geschichte. Unter dieser Bezeichnung, aber auch unter dem Namen Ersatzbaustoffverordnung kann man sich so recht nichts vorstellen. Tatsächlich geht es aber mengenmäßig um den größten Abfallstrom in Deutschland.
Es geht um mineralische Abfälle. Davon fallen hier ungefähr 250 Mio. t pro Jahr an. Das sind ca. 60% des gesamten Abfallaufkommens. Anders als für fast alle anderen Abfallströme, wie zum Beispiel Verpackungen, Batterien, Elektroaltgeräte, Gewerbeabfall, gibt es bisher jedoch keine bundeseinheitliche Regelung für die Verwertung dieser Abfälle.
Die mineralischen Abfälle können auf vielfältige Weise verwertet werden. Wir können sie in technischen Bauwerken – dazu gehören Straßen, Dämme und Wälle – wieder einsetzen und sparen damit natürliche Ressourcen – der erste Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft. Um hier bundeseinheitliche Standards festzulegen, verabschieden wir heute die Ersatzbaustoffverordnung. Um bundeseinheitliche Regelungen für die Verfüllung von Abgrabungen und Tagebauen einzuführen, verabschieden wir eine Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung. Damit bringen wir den Bodenschutz gleichzeitig auf den neuesten Stand von Wissenschaft und Technik.
Es wird aber immer noch Stoffe geben, die aus dem Kreislauf ausgeschleust werden müssen, weil ihre Wiederverwendung zu einem Schaden für Mensch und Umwelt führen könnten. Diese Stoffe kommen auf die Deponien. Zukünftig müssen wir dafür sorgen, dass solche schädlichen Stoffe immer weniger genutzt werden.
In den vielen Jahren der Diskussion über die Mantelverordnung gab es unterschiedlichste Prognosen darüber, ob und wie hoch der Deponierungsanteil steigen würde. Vonseiten der Wirtschaft wurde von einem Anstieg des Deponierungsanteils um 50 Mio. oder sogar 70 Mio. t gewarnt. In dem letzten Verordnungsentwurf (2017) prognostizierte das Ministerium auf Basis der Erkenntnisse eines Planspiels dagegen nur einen Anstieg um 10-13 Mio. t im Jahr. In dem jetzt vorliegenden, überarbeiteten Entwurf wird damit gerechnet, dass es keinen Anstieg in der Deponierungsmenge gibt. Begründet wird dies unter anderem mit Forschungsergebnissen, die Baden-Württemberg Ende 2017 vorgestellt hat, wonach die Vorgaben der MantelVO im Vergleich zur TR Boden 2004 insbesondere durch die Anpassungen beim Parameter Sulfat eine höhere Verwertungsquote von Bodenmaterial ermöglicht. Außerdem geht das Ministerium davon aus, dass die ursprünglich berechnete Stoffstromverschiebung in Richtung Deponien geringer ausfallen wird, weil davon ausgegangen werden könne, dass Bayern aufgrund der Länderöffnungsklausel seine Verfüllpraxis beibehält. Die Experten der Anhörung haben gesagt, sie wüssten es zurzeit nicht. Wir müssen also die Evaluierung abwarten.
Die Länderöffnungsklausel, von der eben die Rede war, war übrigens noch bis zuletzt ein entscheidender Streitpunkt, an dem diese für die Kreislaufwirtschaft und damit auch den Klimaschutz so wichtige Verordnung fast noch gescheitert wäre. Es geht um die einheitlichen Regeln zur Verfüllung von obertägigen Abgrabungen, wie z.B. einstige Kies- und Sandgruben. Hier wollte Bayern sich nicht der bundeseinheitlichen Regelungen beugen, sondern seine eigene Praxis beibehalten. Nachdem im Bundesrat ein Kompromiss zur Mantelverordnung gefunden wurde und eine Länderöffnungsklausel abgelehnt wurde, hat der bayrische Bundesbauminister Seehofer seine Zustimmung zur Verordnung verweigert und sie damit blockiert. Fast wäre es also nicht zu dieser Debatte und zum Abschluss der Mantelverordnung in dieser Legislaturperiode gekommen, weil es einen bayrischen Sonderweg geben soll!
Um diese Niederlage für den Umwelt- und Klimaschutz zu verhindern und die Dinge voranzubringen, hat die Umweltministerin „unter Absingen schmutziger Lieder“ – wie sie selber in einem Interview sagte – eine Sonderregelung für die Bayern vorgeschlagen. Nur vor diesem Hintergrund, dass dieses wichtige Paket ansonsten gescheitert wäre, kann ich dieser Länderöffnungsklausel zustimmen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit den heute zur Abstimmung vorliegenden Verordnungen auf vielfältige Weise dem Klimaschutz dienen und bin froh, dass ich es miterleben darf, dass dieses Paket heute im Bundestag zum Abschluss gebracht wird. Es ist ein schöner Schlusspunkt nach den vielen Schritten, die wir in dieser Legislaturperiode auf dem Weg zu einer echten Kreislaufwirtschaft gegangen sind. Deshalb von hier aus die dringende Bitte an die Länder, die im September nochmal über die Mantelverordnung im Bundesrat entscheiden werden:
Stimmen Sie zu!! Lassen Sie die Chance auf eine bundeseinheitliche Regelung für diesen immensen Abfallstrom nicht verstreichen! Nutzen Sie sie!
Es wird noch eine Evaluierung geben und auch noch Möglichkeiten der Verbesserung, aber stimmen Sie jetzt dem vorliegenden Paket zu, damit es – trotz des Querschusses des bayerischen Bundesministers des Inneren, für Bau und Heimat – endlich vorangeht.